WfL
im Gespräch mit
Harry Voges

AGU Planungsgesellschaft für Automatisierungs-, Gebäude- und Umwelttechnik mbH,
Unternehmer des Jahres 2017

Herr Voges, Ihr Unternehmen AGU hat durch die Preisverleihung besondere Aufmerksamkeit erfahren. Wie liefen die Tage nach der Verleihung ab?

Die Freude im Unternehmen war und ist groß. Im Büro haben wir die Verleihung direkt genutzt, um bei einer Runde Pizza für alle Mitarbeiter den Tag zu genießen. Natürlich haben wir den Mitarbeitern, die außer Haus waren, noch etwas aufgehoben. Der Preis ehrt die guten Leistungen der Mitarbeiter und der Geschäftsführer gleichermaßen. Die Menschen in dem Team der AGU bewegen das Unternehmen und das versuchen wir immer wieder gemeinsam zu genießen. Sei es in London, Istanbul, Prag oder auf Kreta zu unserem 25 jährigen Firmenjubiläum.

Es war kein Aprilscherz, als Sie am 1. April 1992 das Gewerbe für AGU angemeldet haben. Als Spezialist für die Planung von Anlagen der chemischen und pharmazeutischen Industrie – inwieweit war die Standortwahl Leverkusen damals entscheidend?

1992 war kein einfaches Startjahr. Als Gründer müssen Sie eine Vision, Ausdauer, finanzielle Reserven und auch ein wenig Glück haben. Wir waren 1992 in Opladen in der Altstadtstraße und hatten ein kleines Büro, in das 5 Personen passten. Den Reinigungsdienst haben sich die Geschäftsführer mit ihren Familien geteilt. Bereits 1994 haben wir die Büros erweitert und im Jahr 1999 sind wir dann in die Von-Ketteler-Straße nach Bürrig umgezogen. Das alte Verwaltungsgebäude wurde von unserem Vermieter Herrn Krämer aufwändig grundsaniert und es entstanden moderne Büroflächen.

Wandmalerei der alten Gießerei im Keller der AGU

Am Standort Bürrig ging die Expansion unseres Unternehmens weiter, und im Jahr 2015 wurden weitere Büroflächen im Neubau bezogen. Geplant ist, in Kürze weitere Büroflächen im Neubau zu beziehen, um die gesteckten Ziele Wirklichkeit werden zu lassen. In Gesprächen mit der Wirtschaftsförderung wurden bereits heute Gebäudealternativen besprochen, um die langfristige Entwicklung der AGU sicherzustellen.

Möglichkeiten an Bürofläche haben wir in Leverkusen genug und auch hochinteressante Kunden finden sich in und um Leverkusen herum.

Für unsere Planungsbereiche ist die Erreichbarkeit der großen Industrieparks Leverkusen, Wuppertal, Dormagen, Uerdingen Knapsack, Marl, Wesseling, um nur einige zu nennen, perfekt.

Unsere Kunden im Bereich der IT-Softwareprodukte, sind oft auch außerhalb von NRW zu finden. Für die internationalen Aktivitäten hilft die Nähe der beiden Flughäfen Köln und Düsseldorf und unsere überregionalen Kunden besuchen wir gerne per Bahn. Da beginnt die Reise in der Regel mit der S-Bahn – die Station „Leverkusen Küppersteg“ ist fast vor unserer Tür.

1995 haben Sie den Bereich der industriellen Softwareentwicklung in das Unternehmen integriert. Wie weit waren Sie damals von Industrie 4.0, wie wir sie heute kennen, entfernt?

1995 gab es den Begriff Digitalisierung bereits und dennoch war alles am Anfang. Fernseher waren noch analog, Nachrichten wurden per Brief/Fax gesendet. Es gab zwar bereits große Handys, aber Smartphones wie wir sie heute kennen waren eine Vision. Die Navigation erfolgte noch mit Papierkarten ohne die Funktion „Richtungsweisend“ – da musste man die Karte eben drehen.

Alle Welt redete 1995 von der Automatisierung der Prozesse. Windows begann die Bürowelt zu erobern und Herr Zuckerberg war 11 Jahre alt. 23 Jahre später stecken wir mitten in der Digitalisierung und Industrie 4.0.

In den letzten 20 Jahren haben Sie sich zu einem der anerkannten Innovationsunternehmen entwickelt. Wie ist Ihre Strategie und wie wollen Sie diese Position ausbauen?

AGU gliedert sich in den Bereich „Engineering“ für die Planung von Industrieanlagen, dem Bereich „Betriebs- und Anlagensicherheit“ und dem am stärksten wachsenden Bereich der „industriellen IT-Softwareentwicklung“.

Mit einigen unserer IT-Softwareprodukte sind wir national und international Marktführer und werden diese Position in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Dabei konzentrieren wir uns auf unsere Kernkompetenzen der Entwicklung, und arbeiten mit Vermarktungspartnern wie R.STAHL, Roche und MUSA zusammen.

Ausbauen können wir diese Position mit guten Produktideen und engagierten Mitarbeitern, die wir auch im Unternehmen ausbilden. Hier liegt mir doch der Aufruf zur Bewerbung an Ihre Leser im Munde.

Digitalisierung und Industrie 4.0 sind in aller Munde. Wie gut ist die Wirtschaft hier schon aufgestellt und wo ist Nachholbedarf?

Eine sehr komplexe Frage. Die Digitalisierung ist zum Sammelbegriff verschiedener Betrachtungsweisen geworden, die von der Bundesregierung als industrielle Revolution 4.0 bezeichnet wurde. Digitalisierung beschreibt im Allgemeinen die Übertragung bzw. Verarbeitung von Daten und Informationen in elektronischer Form. Das kann zum einen sein, dass ich einen Brief nicht mehr von Hand schreibe sondern ein Softwareprogramm dafür verwende, es ist aber auch die Art der Verarbeitung. Früher gab es im analogen Fernseher einen Kathodenstrahl, der das Bild auf die Mattscheibe gezaubert hat. Heute besteht der Bildschirm aus Pixeln, die einzeln als Bildpunkt digital angesteuert werden.

Wir brauchen eine ausgebaute digitale Infrastruktur für schnelle Datennetze, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Mehr Daten und mehr Transparenz wird unser Leben bestimmen. Das Thema Datenschutz wird immer bedeutender und muss dringend zum Wohle der Menschen geregelt werden. Hier ist die Politik gefordert. Wir brauchen Gesetze, die die Zukunft gestalten und nicht den begangenen Missbrauch verwaltet.

Die Wirtschaft hat die Aufgaben der Zukunft schon lange erfasst, ordnet sich und wird Lösungswege finden. Die nächste Generation von Mitarbeitern, die bereits in den Unternehmen angekommen ist, wird der Digitalisierung nachhaltig zum Erfolg verhelfen. Unser Unternehmen hat sich genau diesen Markt der Digitalisierung auf die Fahne geschrieben, so bieten wir zum Beispiel im Bereich der Betriebs- und Anlagensicherheit mit dem Produkt PEC eine Softwareplattform an, die alle Prüfungen eines Unternehmens bündelt, den Sicherheitsstatus der Anlagen transparent macht und so die Sicherheit nachhaltig steigert. Wer in Leverkusen will nicht sichere Chemieanlagen.

Die Digitalisierung muss als evolutionären Prozess verstanden werden. Die Menschen müssen mit diesem Thema wachsen können.

Welche Bedeutung kann die Digitalisierung für den Standort Leverkusen haben?

Gerne kokettiert Leverkusen mit dem Begriff „Arbeiterstadt“. Leverkusen ist weltweit bekannt, sei es durch die Großunternehmen hier am Standort, die Leichtathletik oder durch den Fußball. Wir können auf diese Stadt und die Menschen, die hier leben stolz sein, sind wir doch ein wunderbares Beispiel für einen funktionierenden Schmelztiegel von unterschiedlichen Menschen.

Lenken wir aber einmal den Blick in die Zukunft. Leverkusen könnte Innovationsunternehmen hier eine Zukunft geben und die Schaffung neuer Arbeitsplätze ermöglichen. Die Ansiedelung der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften der TH Köln, in der Bahnstadt in Opladen, ist ein sehr guter Anfang. Leverkusen als „City of Innovation“ ist eine Vision, die umsetzbar ist. Neue Ausbildungsgänge und Arbeitsstellen können entstehen. Sekundäreffekte und Synergien beflügeln die Wirtschaft im Allgemeinen in Leverkusen.

Welche Empfehlung würden Sie für junge Menschen hinsichtlich ihrer Ausbildung geben?

Wir als Unternehmen bemühen uns um eine hohe Qualität in der betrieblichen Ausbildung und den Praktika die wir anbieten. Schulen sollten in den letzten 2 Jahren Wissensvermittlung und Berufsorientierung als gleichwertige Ziele betrachten. Die Familien sollten Anreize zur Orientierung schaffen und die Interessen Kinder unterstützen. Die jungen Menschen müssen aber auch begreifen, dass sie selber einen großen Teil der Verantwortung tragen.

Haben Sie Vorschläge,
wer den Unternehmerpreis auch verdient hat?

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